Mercedes-AMG ONE

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Rekord auf der Nordschleife

Am frühen Morgen des 22. September 2024 herrschten perfekte Bedingungen auf der Nürburgring-Nordschleife: 13 Grad Lufttemperatur, trockene Strecke, kaum Wind. Genau dort schrieb der Mercedes-AMG ONE Geschichte. Mit einer Rundenzeit von 6 Minuten 35,183 Sekunden setzte der Hypersportwagen eine neue Bestmarke für straßenzugelassene Fahrzeuge. Pilotiert wurde der Wagen von Rennfahrer Maro Engel, der das Hybrid-Geschoss präzise über die 20,832 Kilometer lange Asphaltprüfung trieb. Die Kombination aus Formel-1-Technik, aktivem Aero-System und radikaler Fahrwerksabstimmung ließ die Uhr stehen – ein Moment, der Motorsportgeschichte markierte.

Diese Rundenzeit ist keine Marketingzahl, sondern Ergebnis eines Fahrzeugs, das bis ins kleinste Detail auf Performance ausgelegt wurde. Während andere Hersteller Leistungsdaten versprechen, setzt Mercedes-AMG messbare Fakten. Der ONE wurde nicht für den Boulevard gebaut, sondern als fahrendes Versuchslabor für die Technologie von morgen. Jeder Bauteil, jede Komponente wurde so entwickelt, dass sie den Extrembedingungen auf der Rennstrecke standhält. Die Ingenieure aus Affalterbach und Brixworth, wo auch die Formel-1-Antriebe von Mercedes entstehen, arbeiteten über fünf Jahre an der Umsetzung eines Konzepts, das bis dahin als theoretisch galt: ein F1-Motor im Straßenbetrieb.

Das Ergebnis ist eine Maschine, die den Begriff Supersportwagen neu kalibriert. Der Mercedes-AMG ONE kombiniert 1.063 PS Systemleistung mit einem komplexen Hybridsystem, das vier Elektromotoren, einen V6-Turbo und eine Lithium-Ionen-Batterie zu einem symphonischen Antriebssystem verschmilzt. Auf der Nordschleife zeigte er, wie viel Präzision und Mut in mechanischer Perfektion stecken. Kein anderes Fahrzeug vereint derart kompromisslos Formel-1-DNA mit Straßenzulassung.

Der Erfolg war kein Zufall. Wochenlange Feinabstimmung, Simulationen im Windkanal und hunderte Testkilometer auf Silverstone und Hockenheim gingen voraus. Reifenmischung, Batteriekonditionierung, Federwege – alles wurde auf den Punkt optimiert. Nur so ließ sich die rohe Gewalt des Systems in Fahrbarkeit übersetzen. Das Resultat: ein Fahrzeug, das technisch an der Grenze, aber fahrdynamisch voll kontrollierbar ist.

Mercedes-AMG

Form und Funktion im Gleichschritt

Optisch wirkt der Mercedes-AMG ONE wie eine Mischung aus Prototyp und Le-Mans-Rennwagen. Das Design folgt einer reinen Zweckmäßigkeit: maximaler Abtrieb, kontrollierte Luftströme und minimale Verwirbelung. Mit einer Länge von 4.763 Millimetern, einer Breite von 2.010 Millimetern und einer Höhe von nur 1.261 Millimetern liegt der Zweisitzer flach auf der Straße. Der Radstand misst 2.720 Millimeter, das Leergewicht rund 1.695 Kilogramm – bemerkenswert für ein Hybridfahrzeug mit vier Elektromotoren und Batterie.

Das Karbon-Monocoque stammt aus der Motorsportabteilung und ist tragender Bestandteil der Karosserie. Es besteht aus kohlefaserverstärktem Kunststoff mit Aluminiumverstärkungen an den Crashstrukturen. Die Karosserie selbst ist aerodynamisch aktiv. Über variable Luftklappen an der Front, seitliche Luftauslässe und den verstellbaren Heckflügel passt sich der ONE dynamisch an jede Fahrsituation an. Im Race Plus- und Strat 2-Modus – letzterer entspricht der Formel-1-Qualifikationseinstellung – verändert das System die Fahrzeughöhe, die Spoilerwinkel und die Dämpfungscharakteristik. Dadurch erreicht der ONE bei 250 km/h einen Abtrieb von über 600 Kilogramm.

Die Dachfinne erinnert optisch an LMP1-Rennwagen und stabilisiert den Luftstrom zum Heckflügel. Der Dachlufteinlass versorgt den V6 mit Frischluft und trägt zugleich zur markanten Akustik bei. Die Ansaugkanäle, die über die Schultern des Fahrers verlaufen, erzeugen einen Klang, der an eine startende Turbine erinnert. Die Strömungsoptimierung erstreckt sich bis unter das Fahrzeug: ein durchgängiger Carbon-Unterboden mit Diffusor sorgt für Unterdruck und damit Bodenhaftung, ohne den Luftwiderstand übermäßig zu erhöhen.

Selbst die Räder dienen der Aerodynamik. Die 10-Speichen-Schmiederäder mit Zentralverschluss sind vorne 19 Zoll und hinten 20 Zoll groß. Eine geschlossene Carbon-Abdeckung auf der Felgenaußenseite minimiert Turbulenzen im Radhaus. Der speziell entwickelte Michelin Pilot Sport Cup 2 R MO+ trägt entscheidend zur Performance bei. Seine Gummimischung erreicht bereits nach einer Aufwärmphase von wenigen Minuten maximale Haftung, bleibt dabei aber straßenzugelassen. Die Carbon-Keramik-Bremsanlage mit 398 Millimeter Scheiben vorn und 380 Millimeter hinten sorgt für gleichbleibende Verzögerung, selbst nach wiederholten Hochgeschwindigkeitsbremsungen.

Hybridtechnik aus der Formel 1

Das Antriebssystem des Mercedes-AMG ONE ist ein technisches Gesamtkunstwerk – und eine Herausforderung, die jahrelang als unmöglich galt. Im Zentrum arbeitet ein 1,6-Liter-V6-Turbomotor, der in Brixworth montiert wird – exakt dort, wo auch die Formel-1-Aggregate von Mercedes entstehen. Der Verbrenner entwickelt 574 PS bei 11.000 Umdrehungen pro Minute und erreicht Drehzahlen, die sonst nur in der Königsklasse vorkommen. Eine pneumatische Ventilsteuerung ersetzt klassische Ventilfedern, um die enormen Drehzahlen mechanisch zu ermöglichen.

Unterstützt wird der Motor von vier Elektromotoren: einem mit 163 PS an der Kurbelwelle, einem 122-PS-Motor direkt am Turbolader, sowie zwei weiteren mit jeweils 163 PS an der Vorderachse. Diese Konfiguration ergibt eine Systemleistung von 782 kW beziehungsweise 1.063 PS. Der elektrisch betriebene Turbolader eliminiert das Turboloch vollständig, da die Abgasturbine und die Kompressoreinheit über eine Welle verbunden sind, die von einem Elektromotor angesteuert wird. So steht Ladedruck ohne Verzögerung an – ein System, das exakt aus dem Formel-1-Bereich stammt.

Die Lithium-Ionen-Batterie des Mercedes-AMG ONE besitzt eine Kapazität von 8,4 Kilowattstunden und ist in der Fahrzeugmitte verbaut. Sie nutzt eine direkte Flüssigkühlung jeder einzelnen Zelle, um die Betriebstemperatur konstant bei etwa 45 Grad zu halten. Dieses System stammt 1:1 aus dem F1-Hybridantrieb und sorgt dafür, dass Leistung jederzeit abrufbar bleibt. Die Batterie arbeitet mit einer Spannung von 800 Volt, wodurch Kabelquerschnitte reduziert und Leistungsverluste minimiert werden.

Die Fahrleistungen sprechen für sich: 0 auf 100 km/h in 2,9 Sekunden, 200 km/h in 7,0 Sekunden, 300 km/h in 15,6 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 352 km/h. Der Antrieb treibt über ein speziell entwickeltes 7-Gang-Speedshift-Getriebe die Hinterräder an, während die Vorderachse elektrisch mit Torque Vectoring arbeitet. Im reinen Elektromodus legt der Mercedes-AMG ONE bis zu 18 Kilometer zurück – ein Wert, der weniger für Alltagstauglichkeit, sondern für Hybridstrategie spricht. Jeder Elektromotor kann beim Bremsen Energie zurückgewinnen, was die Effizienz des Systems steigert.

Mercedes-AMG

Innenraum – Kontrolle in Reinform

Der Innenraum des Mercedes-AMG ONE ist kein Luxusraum, sondern eine Kommandozentrale. Die Sitze sind fest in das Monocoque integriert, aus Carbon gefertigt und mit dünner Polsterung bezogen. Die Sitzposition ist tief, gestreckt, fast liegend – wie in einem Rennwagen. Statt Sitzverstellung wird die Pedalerie justiert, das Lenkrad passt sich elektrisch an. Das Cockpit ist funktional, kantig, reduziert auf das Wesentliche.

Zwei 10-Zoll-Displays dominieren die Armaturentafel: das linke als volldigitales Kombiinstrument, das rechte als Infotainment- und Fahrzeugsteuerungszentrale. Das Interface basiert auf MBUX-Technologie, wurde jedoch für den ONE speziell angepasst. Im Rennmodus zeigt es Telemetriedaten wie Reifentemperaturen, Bremsdrücke, Energierückgewinnung und den aktuellen Aero-Status. Auf Wunsch lässt sich das gesamte Fahrzeug mit einem USB-Stick auslesen – inklusive GPS-basierten Rundenzeiten und Batterieperformance.

Das Lenkrad erinnert an den Formel-1-Stil: flach, mit Mode-Selector-Drehreglern, LED-Schaltanzeige und Knöpfen für DRS (Drag Reduction System), Rekuperationsstufe und Fahrmodi. Der Startknopf ist zentral integriert, flankiert von den Schaltern für Launch Control und Energierückgewinnung. Aluminium-Schaltwippen steuern das sequentielle Getriebe, die Bedienung erfolgt unmittelbar und präzise.

Materialwahl und Haptik folgen einem klaren Konzept. Sichtcarbon, Aluminium und Alcantara dominieren. Türverkleidungen sind ultraleicht und mit Zugschlaufen ausgestattet. Der Rückspiegel wurde durch eine Kamera ersetzt, deren Bild auf ein Display übertragen wird – ein technisches Detail, das nicht nur Gewicht spart, sondern die Sicht verbessert. Es gibt keine Ablagen, keine überflüssigen Elemente. Der Innenraum des Mercedes-AMG ONE ist ein Werkzeug, kein Aufenthaltsraum.

Technologie und Fahrcharakter

Das Fahrwerk des Mercedes-AMG ONE ist ein Meisterwerk der Mechanik. Eine vollaktive Multilink-Aufhängung mit querliegenden Feder-Dämpfer-Einheiten ersetzt klassische Stabilisatoren. Die Anordnung erlaubt getrennte Steuerung von Einfeder- und Rollbewegung. Dadurch bleibt das Fahrzeug bei hohen Geschwindigkeiten stabil und reagiert in Kurven mit chirurgischer Präzision.

Das adaptive Dämpfersystem arbeitet mit elektromagnetisch gesteuerten Ventilen und kann in Millisekunden zwischen Komfort und Rennmodus wechseln. Bei 300 km/h liegt der ONE noch immer unerschütterlich, während das Lenkgefühl direkt, aber niemals nervös wirkt. Die Servolenkung ist elektrohydraulisch, was präzise Rückmeldung ohne künstliche Filterung ermöglicht.

Die Aerodynamik interagiert aktiv mit der Fahrdynamikregelung. Sensoren erfassen permanent Geschwindigkeit, Lenkwinkel und Gierrate. Das System steuert Klappen, Flügel und Luftauslässe, um die Balance zwischen Abtrieb und Luftwiderstand optimal zu halten. Selbst die Bremsenkühlung wird aktiv geregelt. Die Kombination aus mechanischem Grip und elektronischer Kontrolle erzeugt ein Fahrverhalten, das an ein GT3-Fahrzeug erinnert, aber auf öffentlichen Straßen zugelassen ist.

Akustisch ist der Mercedes-AMG ONE ein Erlebnis. Der V6 kreischt bis 11.000 Umdrehungen, begleitet von einem hellen Surren der Elektromotoren. In niedrigen Geschwindigkeiten gleitet er nahezu lautlos, doch im Race Plus-Modus wird er zur akustischen Attacke. Jeder Lastwechsel, jedes Hochschalten ist unmittelbar spürbar. Fahrer berichten, dass das Gefühl eher an ein Flugzeug als an ein Auto erinnert. Diese Sinnesüberflutung macht den Charakter des ONE aus – kompromisslos, direkt und roh.

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Preis, Exklusivität und Bewertung

Nur 275 Fahrzeuge des Mercedes-AMG ONE werden gebaut – alle sind verkauft. Der Preis liegt bei etwa 2,75 Millionen Euro netto. Käufer durchlaufen ein persönliches Auswahlprogramm, bei dem jedes Detail abgestimmt wird – vom Sitzbezug bis zur Rennstrecken-Einweisung. Die Montage erfolgt in Coventry bei Multimatic, unter Aufsicht von Mercedes-AMG-Technikern. Jede Einheit durchläuft einen 16-stündigen Motorlauf, bevor sie ausgeliefert wird.

Der Aufwand ist enorm. Allein die Abstimmung des Hybridantriebs erfordert einen Prozess, bei dem das System aus 1.200 Einzelkomponenten exakt kalibriert wird. Das 800-Volt-Netz wird individuell getestet, bevor die Batterie aktiviert wird. Kein Fahrzeug gleicht dem anderen – minimale Fertigungstoleranzen werden durch Handarbeit kompensiert.

Kritisch bleibt jedoch die Alltagstauglichkeit. Der Mercedes-AMG ONE erfüllt Emissions- und Geräuschvorschriften nur durch aufwendige Anpassungen der Abgasanlage und der Katalysatoren. Wartungsintervalle sind kurz, der Motor muss regelmäßig revidiert werden, ähnlich wie bei einem Rennfahrzeug. Das Auto verlangt Respekt und technisches Verständnis. Wer ihn lediglich als Sammlerstück abstellt, verfehlt seinen Zweck. Der ONE will gefahren werden – auf Strecke, unter Last, am Limit.

Trotz aller Komplexität ist der Mercedes-AMG ONE ein Meilenstein technischer Umsetzung. Nicht im Sinne leerer Worte, sondern durch messbare Ingenieurleistung. Die Kombination aus Formel-1-Technologie, aktiver Aerodynamik, Hybridintelligenz und Handwerkspräzision schafft ein Fahrzeug, das Grenzen verschiebt. Es ist kein Auto für den Alltag, sondern ein Statement über das, was heute technisch möglich ist – und ein Ausblick darauf, wohin Hochleistungsantriebe sich entwickeln können.

Der Mercedes-AMG ONE ist die Spitze einer Ära. Er vereint die Vergangenheit des Motorsports mit der Zukunft elektrifizierter Leistung. 1.063 PS, 11.000 Umdrehungen, 800 Volt Spannung, 352 km/h Spitze – gebaut, um Grenzen zu überfahren, nicht um sie zu respektieren. Wer ihn erlebt, spürt, dass Technologie hier nicht träumt, sondern funktioniert.

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